Die herkömmliche Vorstellung von einer geradlinigen Karriere gehört der Vergangenheit an. Heutzutage entscheiden sich zahlreiche Führungskräfte und Angestellte bewusst dafür, eine Auszeit zu nehmen oder alternative Wege einzuschlagen, während sie ihren beruflichen Aufstieg verfolgen. Die sogenannte Zickzack-Karriere ist mittlerweile zur Norm geworden.

Die Angst vor öffentlicher Ächtung spielt hier eine bedeutende Rolle.

Scheitern und ein beruflicher Abstieg werden oft in der Öffentlichkeit stark negativ bewertet und mit Schande belegt. Vor allem, wenn den Betroffenen die nötige Selbstkritik und Bodenhaftung zu fehlen scheint, ist die gesellschaftliche Reaktion besonders hart. Nur wenigen Topmanagern gelingt es später, sich von einem solchen Rückschlag zu erholen und rehabilitiert zu werden.

In Wirklichkeit sind Rückschläge in der Karriere jedoch ein ganz normaler Teil des Lebenslaufs vieler Führungskräfte und Mitarbeiter. Kaum eine berufliche Laufbahn verläuft heutzutage geradlinig. Unterbrechungen, Wechsel und Neuorientierungen sind heute integraler Bestandteil des beruflichen Lebenslaufs vieler Menschen. Und obwohl die Liste der Manager, die gestrauchelt sind, lang sein mag, sind solche Rückschläge in den meisten Fällen nicht das Ergebnis von Missmanagement oder groben Fehltritten. Oft handelt es sich um wohlüberlegte Entscheidungen, die zu einer Neuausrichtung führen.

Immer mehr Menschen entscheiden sich freiwillig dazu, beruflich kürzerzutreten und auf den traditionellen Karriereweg sowie die nächste Hierarchiestufe zu verzichten. Stattdessen wählen sie einen neuen Weg und streben oft eine ausgeglichenere Work-Life-Balance an.

Die Soziologin Dr. Julia Gruhlich von der Georg-August-Universität Göttingen hat sich in einer Studie mit der Frage beschäftigt, was Menschen dazu bewegt, beruflich kürzerzutreten, und wie sie einen solchen Schritt in einer Gesellschaft rechtfertigen, die den Aufstieg in der Karriere als erstrebenswert betrachtet.

Auf der Grundlage von über zwanzig Tiefeninterviews identifizierte Dr. Gruhlich drei typische Ursachen für das Downshifting. Eine der wichtigsten Gründe ist der Wunsch nach einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Allerdings sind es nicht nur Mütter, die diesen Schritt gehen, sondern auch Väter und Frauen ohne betreuungspflichtige Kleinkinder.

Die zweite Gruppe der Downshifter besteht aus Personen, die unter psychosomatischen Erkrankungen wie Burnout oder Depressionen leiden. Diese Betroffenen verspüren einen starken Leidensdruck und erkennen, dass sie in ihrem bisherigen Arbeitsumfeld nicht weiterarbeiten können.

Die dritte Gruppe hat sich von ihrer bisherigen Arbeit entfremdet und empfindet keine Erfüllung mehr in ihrem Tätigkeitsbereich. Sie haben den Sinn ihrer Tätigkeit verloren und fühlen sich unzufrieden.

Bei ihrer Entscheidung, ihre berufliche Situation zu ändern, hatten die Personen aus den drei Gruppen nicht unbedingt ein alternatives Ziel vor Augen. Vielmehr handelte es sich oft um eine Flucht aus einer unerträglichen Situation, die auf anderen Wegen nicht zu bewältigen war. Durch das Downshifting haben sie ihre Handlungsfähigkeit wiederhergestellt und eine neue Perspektive gefunden.

Die Wege, die die Downshifter einschlagen, variieren dabei erheblich. Einige reduzieren ihr Arbeitspensum oder geben ihre Führungsaufgaben auf. Andere nehmen innerhalb des Unternehmens eine neue Funktion mit weniger Prestige an. Wieder andere entscheiden sich sogar für völlig neue Berufe, wie eine Professorin, die sich selbstständig gemacht hat und als Coach arbeitet, oder ein Manager, der sich zum Yogalehrer hat umschulen lassen.