In den letzten Wochen hat die virtuelle Teamarbeit stark zugenommen. Ich selbst habe ein Seminar über 2 Wochen geleitet. Diese Aufgabe bin ich mit großem Respekt angegangen, denn die Herausforderungen sind vielfältig. Nun mögen Sie sagen, Seminar ist nicht gleich Meeting. Sicher nicht, aber die aufkommenden Thematiken sind die gleichen. Online heißt oft, sich lange kaum bewegen zu können, die Familie (Kinder) um sich zu haben, Tonqualitäten mit dem Gehör ausgleichen zu müssen.  Doch die größte Herausforderung war, mit den aufkommenden Emotionen aufgrund der belastenden Situation umzugehen.

Auch wenn diese online auf den ersten Blick nicht so sichtbar sind, schwelen sie hinter dem Bildschirm an.

Manchmal reicht ein „Hallo“

Manchmal reicht ein unfreundliches „Guten Morgen“ einer der Teilnehmer, um den Kamm anschwellen zu lassen, weil man selbst im Familienstress versinkt, der andere vielleicht Single ist. Es ist spürbar, dass die sich auflösende Trennung zwischen Arbeit und Privatleben ihren Tribut fordert. Wenn diese beiden Seiten stärker verschmelzen, die Einblicke in das Privatleben des anderen erleichtert werden, bahnen sich vielfältige Emotionen ihren Weg.

Durch eine flapsige Bemerkung können bei dem einen Tränen fließen lassen, während sich andere zurückziehen und sich in ihrem Schneckenhaus verkriechen.  Wenn der Moderator hier nicht einschreitet, kann es zu hässlichen Szenen führen.

Auch scheint die größere Distanz, der Bildschirm schneller dazu zu führen, die Masken fallenzulassen. Worte, die im persönlichen Miteinander so eher nicht gefallen wären, werden plötzlich ausgesprochen. Ich sprach mit Gabriel, einem Teilnehmer eines Onlineseminars, dem ganz offen „Du bist dumm.“ An den Kopf geworfen wurde.  Leider schaffte es der Dozent nicht, diese Situation aufzufangen und die überaus schlechte Stimmung, die Gruppenbildung setzte sich über die gesamte Zeit fort. Nun ist ein Seminar nach einer gewissen Zeit zu Ende. Passieren solche Ausfälle in Meetings, können die Folgen wesentlich langlebiger sein und sich auf die Zusammenarbeit in Präsenz auswirken. Vermeiden lassen sich emotionale Ausbrüche nicht.

Worauf ist zu achten?

Die größte Herausforderung an Leader, Dozenten und Meeting-Moderatoren ist, die Antennen für diese unterschwelligen Emotionen zu schärfen und sehr aufmerksam darauf zu achten. Das können Sie tun:

  • Ihre Antennen für den Online-Raum schärfen
  • Darauf achten, dass alle einen eingeschalteten Bildschirm haben, Standbilder oder nur die Namensanzeige sollte es nicht geben

Was tun, wenn es kracht?

Egal, ob online oder offline, wenn es kracht ist eine Intervention unbedingt erforderlich.  Hier stecken die Ansatzpunkte für die Entwicklung von handfesten Konflikten, die sich später nicht mehr so einfach aus der Welt schaffen lassen.  Wie können Sie mit Konfliktsituationen konstruktiv umgehen?

  • Das wahrgenommene Ansprechen: „Ich bemerke …; Mir kommt es so vor …
  • Warnsignale erkennen: Stille ist ein stärkeres Alarmsignal als mancher Gefühlsausbruch
  • Einzelne direkt ansprechen – im geschützten Raum
  • Sorgen um andere ansprechen
  • Wenn erforderlich mit den Betroffenen telefonieren
  • Wenn jemand nichts sagen will, dass auch so stehen lassen, Gruppendruck führt nicht zur Klärung

Wichtig ist die Erkenntnis, dass Gefühlen wie Angst und Trauer Raum gegeben werden muss. Wer das nicht tut, bekommt sie an andere Stelle zu spüren. Wut ist ein Gefühl, das sich aus der Angst entwickelt. Wenn Ängste durch Harmoniestreben unterdrückt oder gar ignoriert werden, kann es sein, dass sie Ihnen später als Wut entgegentreten.